Jeder kennt diese Konflikte zwischen Eltern und erwachsenen Kindern. Scheinbar völlig banale Aussagen führen zu großer Aufregung und sogar tagelangem Streit. Manche unserer Reaktionen können tatsächlich nur unsere Eltern aus uns herausholen!
Leider sind es selten die Reaktionen, auf die wir besonders stolz sind. In jedem Fall
sind es die Reaktionen mit besonders starken Emotionen. Wir wissen oft selbst,
dass diese überzogen sind, aber wir wissen nicht wie wir da rauskommen.
Wir haben von unseren Eltern lieben gelernt……und wir haben sie einmal extrem und existentiell geliebt, egal was wir heute fühlen, wenn wir an sie denken.
Jedes Kind liebt seine Eltern. Das ist ein Naturgesetz.
Oft lieben wir sie natürlich auch noch, wenn wir erwachsen sind. Der wichtige Unterschied zu heute ist jedoch, dass wir nicht mehr existentiell von ihnen abhängig sind. Wir brauchen sie nicht mehr. Diese Tatsache ist uns jedoch nicht richtig klar
und so bleiben wir stecken zwischen der gefühlten Abhängigkeit und der
tatsächlichen Unabhängigkeit.
Die Konflikte zwischen Eltern und erwachsenen Kinder sind so zahlreich wie es
Menschen gibt, sie lassen sich aber ganz gut in drei verschiedene
„Schwierigkeitsgrade“ einteilen, die alle etwas mit dem eigenen
Partnerschaftsstatuts zu tun haben:
Konflikte zwischen Eltern und erwachsenen Kindern – als Singles
Wenn wir als Single Konflikte mit den Eltern haben, ist es der Klassiker, ihnen
einfach aus dem Weg zu gehen. Dann genießen wir erstmal das Leben ohne ihre
ständige Einmischung. Manchmal führt uns der Wunsch, endlich aus dem Dunstkreis
der Eltern zu kommen, sogar bis nach China. Aber natürlich werden wir dadurch die Konflikte nicht los, sondern wir haben sie gerade dann, wenn wir unsere Eltern besonders stark ablehnen, immer im Gepäck.
Häufig ist es dann so, dass wir uns zwar im Ausland ganz wohl fühlen aber sobald wir
nach Hause kommen, mutieren wir wieder zu einem Kind. Meistens zu einem Kind in
der Trotzphase. Dann beginnt der Streit nach den ersten drei Sätzen oder wir
fühlen wieder unsere Ohnmacht ihnen gegenüber und sind seltsam müde und erschöpft während des Besuchs.
Konflikte zwischen den Eltern und erwachsenen Kindern – wenn wir in einer Partnerschaft sind
Wenn wir selbst in einer Partnerschaft sind, wird die Sache ein bisschen schwieriger. Endlich haben wir wieder jemanden, den wir lieben können. Und nach der Verliebtheit des Anfangs tauchen die erlernten Verhaltensmuster aus der Kindheit wieder auf. Wenn wir ständig mit unseren Eltern im Streit sind, dehnen wir diesen Streit häufig auch auf unsere Paarbeziehung aus. Wir fühlen uns mit unserem Partner sehr schnell wieder wie ein Kind, hilflos, trotzig und abhängig.
Hinzu kommt noch, dass unsere Eltern mit unserem Partner ebenfalls eine Beziehung eingehen.
Angst vor den Schwiegereltern?
Oft wird schon bei der ersten Begegnung klar, ob es hier Probleme geben wird.
Manchmal entsteht dann das „Schwiegermutter Phänomen“, das uns schon viele,
meist schlechte, Witze beschert hat. Der Schwiegersohn fühlt sich bevormundet
und ist genervt, sobald die Schwiegermutter auf der Bildfläche erscheint. Die
Frau wirbt bei ihm um Verständnis für ihre Mutter, statt sich auf seine Seite
zu stellen. Natürlich können die Personen hier beliebig ausgetauscht werden,
die Schwiegermutter kann auch der Schwiegervater sein und die Tochter auch der
Sohn. Deutlich wird aber das zugrunde liegende Problem, das „alte“ System hat
ein Problem hat mit dem „neuen“. Die Ablösung nicht länger aufschieben
Auf der persönlichen Ebene ist die Ursache die fehlende Ablösung von den Eltern.
Wenn also unser Partner ein Problem mit unseren Eltern hat, haben wir uns noch
nicht aus unserem Herkunftssystem und unserem Status als „Kind“ gelöst.
Eine Beziehung kann aber nur gelingen, wenn sie eindeutig „Vorrang“ hat vor dem
alten System. Es geht also darum, endlich erwachsen zu werden. Sonst mischen
sich unsere Eltern ständig in unser Leben ein und die ewige Streiterei ist
vorprogrammiert. Das wird im Laufe der Zeit meistens schlimmer und unsere Beziehung gerät ernsthaft in Gefahr. Sie dürfen ruhig Grenzen setzten. Kommunizieren Sie ihre Haltung ihren Schwiegereltern oder Eltern in welcher Form auch immer.
Konflikte zwischen den Eltern und erwachsenen Kindern – wenn wir selbst Eltern sind
Den höchsten Konfliktlevel zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern erreichen wir sobald wir selbst Eltern sind. Sofort werden wir noch einmal ganz neu mit unseren Gefühlen aus der Kindheit und den Erfahrungen mit den eigenen Eltern
konfrontiert.
Wir beginnen zwar meist, viel mehr Verständnis für unsere Eltern zu entwickeln,
aber wir leiden auch darunter, dass wir uns dabei „erwischen“, uns genauso zu
verhalten wie unsere Eltern. Dabei wollten wir es doch auf jeden Fall besser
machen. Das kann durchaus einen mittelschweren Schock verursachen.
Entsetzt stellen wir fest, dass wir noch tiefer eingebunden sind in diese Familie als
wir es jemals für möglich gehalten hätten. Wir fühlen uns normalerweise viel
selbstständiger und unabhängiger als wir es tatsächlich sind.
Wie überwinden wir diese Konflikte mit den Eltern als erwachsene Kinder?
Auf der persönlichen Ebene ist es eigentlich ganz einfach. Der erste Schritt ist,
dass wir uns bei unseren Eltern bedanken für das, was sie uns gegeben haben.
Wenn wir nichts finden wofür wir dankbar sind, bleibt die Tatsache, dass wir ihnen das Leben verdanken.
Erst dann können wir uns mit Respekt von der Abhängigkeit zu ihnen lösen. Es geht nicht darum, ihnen irgendetwas zu verzeihen oder sie für etwas verantwortlich zu machen. Heute sind wir erwachsen und groß genug, uns um uns selbst zu kümmern. Wichtig dabei ist, dass wir tatsächlich in unser eigenes Leben gehen und alle Abhängigkeiten loslassen.
Erst dann wissen wir, dass wir überleben können und wir spüren vielleicht erstmals unsere eigene Kraft. Wir haben alles von unseren Eltern bekommen was wir
brauchen, um zu leben und wir haben unsere Kindheit überlebt. Mehr gibt es nicht und mehr brauchen wir auch nicht.
Das Schöne daran ist, dass wir sie weiterhin lieben dürfen, wenn wir das wollen.
Wir dürfen sie sogar auf Distanz halten, wenn das stimmig für uns ist. Aber wir
müssen nichts mehr davon tun! Ab jetzt sind wir in der Lage, einen guten und
für uns stimmigen Umgang mit ihnen zu finden.
Die Voraussetzung dafür ist lediglich, dass wir wissen, dass wir verantwortlich
sind für unser eigenes Leben und für unsere eigenen Gefühle. Das gilt im
Gegenzug natürlich auch für unsere Eltern. Die Eltern akzeptieren. Wir haben uns unsere Eltern nicht ausgesucht aber mit dem Augenblick unseres Erscheinens sind wir an sie gebunden. Sie sind und bleiben unsere einzig möglichen Eltern. Wenn wir jedoch ganz bewusst raus gehen aus dem Gefühl der Ohnmacht und Abhängigkeit, sehen wir meistens zwei ganz normale Menschen, durch die das Leben zu uns geflossen ist. Über die persönliche Ebene hinaus kann es allerdings sein, dass wir einen Auftrag aus dem Familiensystem übernommen haben.
Das klingt vielleicht seltsam, zeigt sich aber in der täglichen Arbeit mit
Familienaufstellungen immer wieder. Eine Aufstellung kann hier Klarheit bringen.
Wer jetzt den Verdacht hat, das könnte bei ihm oder ihr der Fall sein, ist herzlich
Willkommen für eine Beratung.